Frohe Weihnachten!

„Boah, ist Euer Baum aber h-ä-s-s-l-i-c-h!“ Ja, es gibt tatsächlich Gäste, die mit diesen Worten unser Wohnzimmer betreten. Unser weihnachtlich geschmücktes Wohnzimmer. Das im Kerzenschein erstrahlt, und in dessen Ecke – wie jedes Jahr – ein zimmerhoher Baum steht. Dessen Herausputzen uns – mindestens – einen Nachmittag gekostet hat. Und nun hören wir, dieser Baum sei h-ä-s-s-l-i-c-h! Ja, es ist eine Frechheit. Eine bodenlose Frechheit sogar. Aber wir bleiben cool. Und sagen nur, mit einem Hauch von Mitleid: „Ach, Du musst heute fahren!“

Denn im Hause Sommer gibt es eine Tradition. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie sie entstanden ist. Aber sie ist eine klitzekleine Persiflage auf die oft lapidar dahin gesagte Äußerung: „Das ist aber ein schöner Christbaum“ – egal, welche Krücke da einem präsentiert wird. Am Christbaum mäkelt man nicht rum. Schluss. Aus. So lautet das ungeschriebene Gesetz. Is‘ schließlich Weihnachten, nicht?

Wahrscheinlich entstand die Tradition aus einer Sektlaune heraus. Man saß gemütlich zusammen, ein Weihnachtsgratulant kam zur Tür hinein, man tauschte die üblichen Floskeln, während man noch schnell den Weihnachtsbraten in den Ofen schob, die Tischdecke zurecht zupfte, und hörte zum drölfzillionsten Mal den Satz aller Sätze: „Das ist aber ein schöhöööner Baum!“ Und irgendwann war sie da, die Schnaps-Idee – im wahrsten Sinne des Wortes. Seither gilt in diesem Haus: „Jeder Besucher, der unseren Baum lobt, muss einen Schnaps trinken!“

Besonders lustig ist es, wenn Kenner dieser Tradition auf Nicht-Kenner treffen. Da werden nichts ahnende Gäste zig Mal aufgefordert, sich den Baum anzuschauen. Ob ihnen denn nichts auffällt? Ist er dieses Jahr nicht ganz besonders? Und dieser kleine Schneemann da, versteckt zwischen den Zweigen, ist der nicht wunderbar? Wie froh sind dann alle, wenn endlich der Satz fällt: „Ja, schön isser, der Baum!“ Genauso lustig sind aber auch die verwunderten Blicke der Nicht-Kenner, wenn ein Gast das Wohnzimmer betritt, und auf unseren Baum schimpft. Man sieht den Armen dann förmlich an, wie sie sich fremdschämen, und am liebsten laut sagen würden: „Mensch, das macht man doch nicht – es ist doch Weih-eih-nachten!“ Herrliche Momente, die zwar ganz kurz sind, aber auf die sich alle irgendwie freuen. Das Rätsel löst sich meist binnen Sekunden auf, alle müssen lachen, mein Mann holt den leckeren Grappa aus seinem Versteck – und gemeinsam stoßen wir auf fröhliche Festtage an.

Fröhliche Festtage – das möchte ich Euch nun auch wünschen. Feiert so, wie ihr Euch das wünscht. Ob alleine. Zu zweit. Inmitten der Großfamilie. In der Karibik. Bei Muttern. Egal – Hauptsache, ihr verbringt die Weihnachtstage auf Eure ganz persönliche Lieblingsweise.

Übrigens: Virtuelles Baumloben gilt nicht. Aber einen Blick auf unseren Christbaum könnt ihr die Tage sicherlich auch bei Instagram erhaschen.

Habt wundervolle Festtage!

Eure
Katja

Die schoenstebastelzeit findet ihr mit diesem Beitrag auch bei:

  • short stories zum Thema Tradition bei „jolijou
  • short stories zum Thema Tradition bei „was eigenes
Andrea Müller und Bine Güllich suchen jeden Monat Geschichten zu bestimmten Themen. 
Mit unserer kleinen Weihnachtstradition reihe ich mich das erste Mal ein in die Liste der Autoren. 

2 Kommentare

  1. Sandra - Schoenigkeiten

    Hallo du Liebe, ich hoffe ihr hattet ein paar schöne Weihnachtstage? Ja den hässlichen Baum hätte ich ja schon auch gerne gesehen, muss ich wohl nochmal eine Insta-Runde drehen. 😉

    Das Baumloben kenn ich übrigens auch, hat der Freund meiner Schwester eingeführt. Schon irgendwie eine seltsame Sache, aber lustig allemal. 😉
    Bei ihm heißt es aber eher—–immer "Ach ist der Baum schön….hab ich schon gesagt dass der Baum dieses Jahr besonders schön ist?" 😉

    Wünsche dir schon mal einen guten Rutsch falls wir uns vorher nicht mehr lesen.

    Viele liebe Grüße
    Sandra

    P.S. Wichtel ist übrigens wieder weg, seit heute endlich gebloggt. 😉

    • Katja von ♥ schoenstebastelzeit 

      Oh wie schön – bei Euch gibt's den Brauch auch!
      Bei uns wurde dieses Jahr fleißig gelobt,
      aber nun ist er wieder weg, und der Schnaps wieder im Keller.

      Dir ein gutes, neues Jahr noch!
      Wir lesen uns!
      Liebe Grüße,
      Katja

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